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Regionalität ist wichtiger denn je und für viele längst ein Muss. Laut dem Bundesamt für Statistik legen 82% der Schweizer Konsumenten beim Lebensmitteleinkauf Wert auf regionale Produkte. Gemüse, Obst und Milchprodukte aus der Schweiz und Fleisch von regionalen Landwirten sind längst etabliert. Aber wie sieht es mit Fisch aus?

Auf der Suche nach Fischen direkt aus der Schweiz sind wir auf ein spannendes Thema gestossen: Eisfischen – ein uraltes Handwerk, das in der Schweiz immer beliebter wird. Es ist ein winterliches Abenteuer inmitten einer eindrücklichen Naturkulisse. Ein entspannter, meditativer, aber auch spannender Weg, mehr über die Fische in der Schweiz zu erfahren. Und wenn man dann noch einen Fisch oder sogar mehrere fangen kann, ist das ein absolutes kulinarisches Highlight.

In der Schweiz gibt es zehn Seen, auf denen Eisfischen möglich ist. Teilweise werden geführte Touren angeboten, es kann aber auch mit eigener Ausrüstung oder Leihmaterial gefischt werden. Die Saison beginnt in der Regel im Januar und kann bis zum März anhalten, was von der Eisdicke abhängig ist. Für alle ohne Vorerfahrung bieten Anbieter geführte Tagestouren an, bei denen man erfahrenen Fischern über die Schulter schaut und selbst aktiv mitfischen kann. So hatten auch wir die Gelegenheit, einen Tag lang Daniel Kilian-Egli und seinen Kollegen Pascal Kummer auf dem Oeschinensee zu begleiten. Daniel ist passionierter Eisfischer und bietet mit IceFishing.ch eines der grössten Eisfisch-Angebote in der Schweiz an. Seit 2014 zeigt er Fischer-Anfängern und Interessierten, was es auf dem zugefrorenen See zu entdecken gibt, und führt mit hilfreichen Tipps in das Eisfischen ein. Pro Saison begleitet er mit seinem Team rund 100 Personen.

Karte: Schweizer Eisfischseen

Eisfischen ist am Oeschinensee für jeden möglich – vorausgesetzt, man löst vorher ein Patent. Das kann zuvor online, im Bergrestaurant oder im Tourismusbüro Kandersteg für CHF 32 erworben werden. Damit darf man auf den Seen im Kanton Bern bis zu sechs Edelfische wie Seesaibling, Regenbogenforelle oder Kanadische Seeforelle pro Tag fangen. So haben wir vor Ort das Patent gelöst, wurden mit Ruten, Bohrer, Schöpfkelle und Ködern ausgestattet und machten uns an einem Januarmorgen auf den Weg zum See. Daniel fragt: «Seid ihr warm angezogen? Festes, wasserdichtes Schuhwerk ist bei Minustemperaturen ein Muss!»

Regelmässig beurteilen Ortskundige die Lawinensituation und messen die Eisdicke. Erst ab mehr als zehn Zentimetern Eisdicke wird der See freigegeben. Bevor wir den See betreten, weist uns Daniel in die Sicherheitsunterweisungen ein: «Längsrisse sind meist unproblematisch. Sie entstehen durch die natürliche Bewegung des Eises. Bei radialen, sternförmigen Rissen sollte man den See verlassen.» Das Knacken unter den Schuhen sei normal – das Eis dehnt sich aus oder zieht sich zusammen.

Auf dem See angekommen, erklärt Daniel den ersten Schritt: das Lochbohren. Den Bohrer senkrecht aufsetzen, dabei Schläge vermeiden, um die Klingen zu schonen. Mit beiden Händen festhalten, gleichmässig drehen und in der Achse bleiben, damit ein sauberes, rundes Loch entsteht. Sobald wir die Eisdecke durchbohrt haben, können wir das zerkleinerte Eis abschöpfen. Wir fangen an, Löcher zu bohren, immer wieder versetzt und nicht zu nah aneinander, um unsere Fangchancen zu erhöhen.

Angelrute und Bohrer

Angelrute und Bohrer – die Grundausstattung für einen Tag auf dem Eis.

Der erste Schritt: das Lochbohren

Den Bohrer senkrecht aufsetzen, Schläge vermeiden und gleichmässig drehen, bis die Eisdecke durchbohrt ist.

Mit der Kelle wird das Eis geschöpft

Mit der Kelle wird das Eis aus dem gebohrten Loch geschöpft, damit die Angelschnur frei laufen kann.

Nun bereiten wir die Angel vor, wobei jede Rute ihren eigenen Köder erhält. Daniel fischt mit dem Tiroler-System – einem Bleikopfsystem. Als Köder dient ein kleiner, toter Fisch, befestigt mit zwei Drillingen: einer im Kopf, der andere nahe der Schwanzflosse. Wir lassen den Köder langsam bis zum Grund sinken. «Beim Eisfischen geht es nicht nur ums Abwarten. Der Köder muss sich auch bewegen», erklärt Daniel. Mit kleinen Bewegungen zieht er die Rute mal schnell, mal langsam hoch, lässt den Köder wieder sinken und wiederholt das immer wieder. Das nennt sich «Jiggen». Es gibt unzählige Führungstechniken von kurzen, schnellen Zupfern bis hin zu langen, ruhigen Aufwärtsbewegungen.

Der Köderfisch

Der Köderfisch wird am Vorfach befestigt: ein Haken durch den Kopfbereich, der zweite am Schwanz.

Der Köder: ein kleiner toter Fisch

Tiroler-System: Als Köder dient ein kleiner toter Fisch, befestigt mit zwei Drillingen.

Dann beginnt der Teil, der Geduld erfordert. Wir stehen auf dem Eis, umgeben von Nebel sowie glitzerndem Schnee und üben das «Jiggen». Nach einigen Stunden spüren wir einen Ruck in der Rute. Schnell reagieren, die Rolle zudrehen, Druck halten und den Fang behutsam durchs Eisloch bringen. Bevor wir ihn aus dem Loch nehmen, prüfen wir, ob der Fisch gross genug ist. Am Oeschinensee gilt eine Mindestlänge von 22 Zentimetern, was unser Seesaibling erfüllt. Dann folgt das waidgerechte Töten: ein gezielter Schlag auf den Kopf, danach der Kiemenschnitt, um die Hauptarterien zu durchtrennen. «Es ist ein Lebewesen», betont Daniel, «wir fangen es für unsere Nahrung, aber behandeln es stets mit Respekt.»

Der Fisch wird nun auf das Eis gelegt und genauer betrachtet. An den silbrigen Seiten mit roten Punkten, dem weissen Saum an den Bauchflossen und dem grau gepunkteten Gaumen erkennen wir: Es ist ein Seesaibling. Diese Fischart wird im Winter häufig gefangen und unterscheidet sich vom Kanadischen Saibling durch den weissen Gaumen und die eher marmorierten Seiten sowie von der Regenbogenforelle durch rosa Streifen und schwarze Punkte. Eine halbe Stunde später fangen wir erneut einen Seesaibling.

Am Nachmittag, als die Kälte stärker wird, holen Daniel und Pascal das mitgebrachte Brennmaterial hervor. Auf dem zugefrorenen See entzünden sie in einer Schale ein kleines Feuer, das wärmt und die Möglichkeit bietet, den frisch gefangenen Fisch direkt zu grillen. Für uns war das ein absolutes kulinarisches Abenteuer, denn man bekommt nicht oft die Möglichkeit, so einen frischen Fisch aus eigenem Fang mit einer solchen Naturkulisse zu geniessen.

Der Seesaibling mit silbrig glänzenden Seiten, kleinen rötlichen Punkten, einem weissen Saum an den Bauchflossen und einem grau gepunkteten Gaumen

So endet unser Tag am Oeschinensee mit neuen Eindrücken, spannenden Geschichten und der Erkenntnis, dass Eisfischen Wellness für alle Sinne ist. Und wenn du dir auch mal eine besondere Auszeit aus dem hektischen Alltag gönnen möchtest, auf der Suche nach einer spannenden und zugleich entspannten Aktivität bist oder dein Können beim «Jiggen» unter Beweis stellen möchtest, dann wünschen wir dir «Petri Heil!»

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Viele weitere Inspiration zum Thema Fisch, Festtage und Veganuary findest du in unserer neuen Ausgabe „Moderne Schweizer Küche“.

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